Ostwestfälischer Turngau
Freitag, 19.04.2024, 09:59:38
Aus dem turnerischen Geschehen des Jahres 1971 - Bericht des Gauoberturnwartes

Liebe Turnschwestern und Turnbrüder!

Aus der Fülle der Veranstaltungen und Ereignisse im turnerischen Leben das herauszustellen, was nach außen besonders wichtig erscheint, würde zugleich bedeuten, Absage jenen Getreuen zu erteilen, die unermüdlich, in der Öffentlichkeit kaum beachtet, das ganze Jahr hindurch gute Arbeit leisteten. So will ich, liebe Turnschwestern und Turnbrüder, auch nicht in großes Lob einstimmen, wo es vielleicht angebracht wäre, sondern, um dem turnerischen Geist Rechnung zu tragen, hier und da nur kurz auf besondere Dinge eingehen.

Ich weiß, daß manche Jahresberichte "frisiert" sind. Aus vielen Berichten aber spricht auch die Sorge der Fachwarte: Wie könnte es besser gehen? Schwierigkeiten wollen überwunden werden, sei es seitens der Vereine, sei es durch Mitwirken der Fachwarte. Der Gauturnrat hat in seiner Sitzung am 27.3.1971 Überlegungen dahingehend angestellt, was seitens des Gaues geschehen könne, um die Zusammenarbeit zwischen Gau und Verein zu intensivieren. Es ist bekannt, daß eine Vielzahl der unserem Gau angehörenden Vereine weder an Gauveranstaltungen teilnimmt, noch - das ist ein sorgenvolles Anliegen - vom Gau aus in der Vereinsarbeit, d.h. in den Turnstunden, Unterstützung oder Anregungen erhält. Der Gau möchte erreichen, daß in Zukunft möglichst alle Vereine bei den Lehrgängen und Veranstaltungen vertreten sind. Ein Versuch, auch die abseits stehenden Vereine zu erfassen, wurde im Bezirk Höxter unternommen und zeigte auch gewisse Erfolge. Vorbereitungen, diese Arbeit auf den ganzen Gau auszudehnen, waren getroffen. Ausgangspunkt für die Arbeit 1972 sollten die Erfahrungen aus der "Versuchsschulung" sein.

Es hat sich in den letzten Jahren erwiesen, daß in unserem Gau sehr einseitig geschult wurde und dabei besonders die ländlichen Vereine vernachlässigt wurden. Selbst im Jahresberichtsbuch 1970 wurde von den Landesfachwarten erwähnt, daß der Turngau Ostwestfalen als kunstturnerisches Notstandsgebiet bezeichnet werden kann. Trotz der vielen Lehrgänge wurden die Ziele nicht erreicht. Es handelte sich meist um 3-5 Vereine, die an diesen Lehrgängen teilnahmen; sozusagen: "Vereinsarbeit". Da man 1971, wie übrigens auch 1970, zwei Drittel der Lehrgangsgelder ausschließlich für die Leistungsschulung verausgabte und hier keine besonderen Leistungen erreicht hat, (man war nicht in der Lage, eine Mannschaft von 4-5 Teilnehmern zu den Gaumannschaftsvergleichskämpfen des WTB zu entsenden - vertreten war nur eine Mannschaft der Leichtathletik -) ist es unbedingt erforderlich, in den einzelnen Kreisen Stützpunkte, wie oben bereits erwähnt, einzurichten, die von jüngeren, fähigen Übungsleitern betreut werden. Durch einseitige Schulung - unter Außerachtlassung der dringend erforderlichen Hand-in-Hand-Arbeit der mit der Kinder- und Jugendarbeit beauftragten Fachwarte - schwindet das gegenseitige Vertrauen, die Leistung sinkt, die Kraft der Übungsleiter vergeudet sich, das darf ich einmal feststellen, in Cliquenbildung.

Auf den Gauturntagen sind des öfteren Vorschläge gemacht worden, den Vorstand zu verjüngen. Diese Anregungen sollten zur Hauptaufgabe gemacht werden, damit der Weg frei wird für die Jugend und talentierte junge Turner und Turnerinnen. Im Interesse der Sache wird die Jugend - genau wie die Vorgänger - in die Aufgaben und Ämter hineinwachsen.

In den 21 Jahren meiner Tätigkeit als Männer- und Gauoberturnwart im Ostwestfälischen Turngau ist es mir nicht immer leicht gefallen, allen Vereinen und Fachwarten gerecht zu werden. Ich habe viel Gutes und auch Böses hören müssen und hier heraus immer nach meinem Wissen den geraden Weg gesucht. Wo gearbeitet wird, werden Fehler gemacht. Fehler aber geschehen zu 99% aus Unwissenheit ohne Absicht.
Das weiß jeder aus eigener Erfahrung. Wer nicht den Mut hat, Fehler einzugestehen und ein gutes Wort der Entschuldigung zu finden, wo es am Platze wäre, sollte in unseren Reihen keinen Platz haben.

Aus beruflichen und gesundheitlichen Gründen bin ich nicht mehr in der Lage, ein Amt im Turngau Ostwestfalen auszuüben. Mein Dank gilt allen selbstlosen Helferinnen und Helfern, denen ich mich auch in Zukunft verbunden fühlen werde. Ich weiß, wie sehr viele von Euch keine Arbeit und Mühe gescheut haben, der turnerischen Arbeit in unserem Gau zu Achtung und Ansehen zu verhelfen.

Als Ausdruck des Dankes stifte ich im Olympischen Jahr 1972 einen Wanderpokal, der anläßlich des Gauturntages in die Obhut des I. Gauvorsitzenden gegeben wird und erstmals auf der Vereinsvorsitzendentagung 1972 an den Verein verliehen werden soll, der prozentual, gemessen an der Zahl der beim Gau gemeldeten Vereinsmitglieder, die meisten aktiven Teilnehmer beim Gauturnfest stellt.
Der Pokal wird jedes Jahr neu verliehen.

Möge die Arbeit im Ostwestfälischen Turngau einen neuen Aufschwung erleben und in Erfüllung gehen, was sich der Vorstand des Ostwestfälischen Turngaues in den nächsten Jahren zum Ziele gesetzt hat.

Dieses möchte ich bekräftigen mit unserem Turnergruß

"Gut Heil"

Euer

Hans Lange