Ostwestfälischer Turngau
Donnerstag, 25.04.2024, 23:01:07
Bericht des Gauvertreters

Ein Jahr anstrengender Turnarbeit liegt hinter uns.
In vier Gauturnratssitzungen zu Lippspringe, Soest, Lippstadt und Geseke wurden die Angelegenheiten des Gaues beraten. Im Mittelpunkt der Gauveranstaltungen standen das Gauturnfest in Soest und das Gauspielfest in Elsen. Mit dem Gauturnfest, welches der Turnverein "Jahn" Soest übernommen hatte, verband der festgebende Verein die Feier seines 25jährigen Bestehens.
Gleichzeitig errichtete er zum bleibenden Gedenken an diesen Tag vor den Toren der Stadt ein Jahndenkmal, welches er der Stadt feierlichst übergab. Wenngleich das Gaufest zur allgemeinen Zufriedenheit verlaufen ist, so darf ich auf einen wunden Punkt noch den Finger legen. die Festtafel in Soest hat mich nicht befriedigt.
Wenn wir schon auf eine Beteiligung von Seiten der städtischen Behörden verzichten mussten, so war doch die Teilnahme aller Wetturner dringend erwünscht gewesen.
Viele Wetturner gingen über Mittag in die Stadt und das Antreten zum Festzuge verzögerte sich unschön.
Will man in Zukunft eine gemeinschaftliche Festtafel beibehalten, so muss auf ihren würdigen Ausbau mehr Wert gelegt. - Das Gauspielfest hatte der Turnverein Elsen anläßlich seines Stiftungsfestes übernommen. Auch hier hat mich der ausgeführte Festzug verstimmt. Unser Spielfest ist vorläufig noch auf die Zeitdauer eines Nachmittags beschränkt und muss mithin den Charakter strenger Turnarbeit tragen. Jeder Festzug mit Fahnen und Standarten kann da nur störend wirken. Auch will es mir geradezu häßlich erscheinen, wenn die Fahne, das Kleinod des Vereins, allzu häufig zum Straßenumzug hervorgeholt wird. In Zukunft muss jeder Festzug unterbleiben. Auch scheint es mir nicht ratsam zu sein, das Gauspielfest mit lokalen Vereinsfestlichkeiten zu verschmelzen. Dem weiteren Ausbau unsres Gauspielfestes kann es jedenfalls nicht dienlich sein. Erfreulich war die starke Beteiligung der Jugendlichen auf dem Gauspielfest. Diesen muss sich unser ganzes Interesse noch mehr zuwenden, wenn sie sich unter uns heimisch fühlen sollen. Das Zöglingswetturnen auf dem Bezirksfest des I. Bezirks in Anröchte und das Jugendkriegsspiel des III. Bezirks sind mit Freuden zu begrüßen. Auch könnte mancher Verein durch Vortrags- und Unterhaltungsabende dem geistigen Bedürfnis der Jugend mehr gerecht werden. - Bei der Einweihung des Stadions in Berlin war unser Gau durch seine tüchtigsten volkstümlichen Turner vertreten, die mit Erfolg für die Ehre des Gaues ihr Können einsetzten. Im Mittelpunkt aller turnerischen Vertanstaltungen des verflossenen Jahres stand das 12. Deutsche Turnfest in Leipzig, dessen Verlauf und Leistungen ein Ruhmesblatt ewiger Zeiten in der Geschichte der Deutschen Turnerschaft darstellen wird, trotz aller Verunglimpfungen und Verdächtigungen, die Unverstand und Mißgunst erdachten. Von den Wetturnern unseres Gaues kehrten vier mit dem Eichenkranz geschmückt zurück. Anläßlich der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig am 18. Oktober verflossenen Jahres durchquerten die Jünger Jahns von Nord und Süd, von Ost und West die Gemarken des deutschen Vaterlandes. Die dem Ostwestfälischen Gau zugefallene Aufgabe wurde in vorbildlicher Pflichttreue und Freudigkeit gelöst. - Am 26. Oktober vorigen Jahres hatte ich die Ehre, den Gau auf dem kleinen Kreisturntag in Wetter a. d. Ruhr zu vertreten (siehe Bericht in Nr. 11 der Kreismitteilungen). - Am Ende des Jahres durcheilte die schmerzliche Nachricht von dem Tode des Ehrenmitglieds des Gauturnrats Rhode alle Vereine des Gaues. Eine heftige Lungenentzündung hatte den stets rüstigen Turngenossen auf das Krankenbett geworfen, der er nach wenigen Tagen erlag. Ein treues Turnerherz hatte aufgehört zu schlagen; ein überzeugter Jünger Jahns hatte seinen Lauf vollendet.
In seltener Pflichttreue und Selbstlosigkeit hatte er seit der Gründung Ostwestfälischen Gaues für diesen gelebt und gestrebt; sechzehn Jahre war er sein Turnwart und drei Jahre sein offizieller Vertreter gewesen.
Sein Name wird im Ostwestfälischen Gau unvergeßlich sein. - Er ruhe in Frieden! -
Nachstehende Tabelle gibt näheren Aufschluß über die Mitgliederzahl und den Betrieb in den einzelnen Vereinen; durchweg ist ein kleiner Fortschritt zu verzeichnen. Wo die Zahlen des Vorjahres noch nicht erreicht sind, wird die Differenz durch die noch ausstehenden Vereine ausgemetzt. Das Damenturnen bedarf der besonderen Aufmerksamkeit und Pflege. Neu aufgenommen wurden die Vereine Vinsebeck, Sennelager und Büren.

Gut Heil!

Heinrich Meyer zu Köcker

entnommen aus "Blätter für den Ostwestfälischen Turngau" No. 83, 31. Januar 1914