Ostwestfälischer Turngau
Samstag, 20.04.2024, 09:38:15
Die kulturelle Seite

"Sport ist nicht beharren, sondern immer wieder nach vorne schauen!"

Gedanken über die Zukunftsaussichten und die Entwicklung von Turnen, Sport und Spiel - "Menschen im Sport 2000" in Abhandlung -auszugsweise- zu den vorangestellten Titeln:
(Ausführliches dazu in Heft 1/88 "Deutsches Turnen")

"Heile Welt der Turnväter oder Vermarktung total?"

Erkennbar sind hier zwei Lager: die Wertkonservativen und die, die ungeschminkt der Kommerzialisierung des Sports und der Vermarktung der Sportler das Wort reden.
Die gesellschafts- und DSB-konformen Wertkonservativen, die im traditionellen Sport ein bedeutendes kulturelles Medium für Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung des Menschen in wachsenden Lebensfreiräumen mit eigenen Sinnstiftungen sehen, den Weg, der für menschengerechten Sport, sportgerechte Städte und sportoffene Landschaften sorgt.
Im zweiten Lager Spontis, die gegenüber technisch blitzenden Fitneß- und anderen Studios den Wettlauf um die Fernsehkohle nicht mehr tabuisieren wollen, die gelegentlich auch den Weg vom Spitzensport über den "Sp-r-itzensport" zum (Tennis-, Ski- etc.) -Zirkus als vorgezeichnete Realität im Sport in Kauf nehmen wollen.
(dies war kein Punkt des Programms, wurde aber von Diskussionsrednern in den Arbeitskreisen vorgetragen).
Dazu ein Kommentar: "Im Mittelpunkt der Verein"
Eine Umfrage hat ergeben, daß Spaß und Freude von 75% der Befragten obenan gestellt wurden; danach werden auf einer Erwartungsskala Gesundheit, Fitneß und Ausgleich zur Arbeit genannt.
Der Verein: das ist Vereinsfamilie, Sportkamerad und Turnschwester, heißt mit-feiern und mit-trauern. So wird Vereinsleben bis zum Jahr 2000 und danach sein menschliches Gesicht behalten.

"Wegweiser ins dritte Jahrtausend"

Vor zwölf Jahren herrschte die Meinung vor, daß ein Verein ein "Dienstleistungsbetrieb" zu sein habe. Auf der Novembertagung sagte Professor Ommo Grupe: "Sportvereine dürfen nicht zu Selbstbedienungsläden, ihre Übungsleiter und Trainer dürfen sich nicht in die Rolle von Entertainern (Unterhaltern) drängen lassen, ihr Angebot ist keine Ware. Der Sport ist kein Dienstleistungsunternehmen. Die Menschen sollen auf Menschen treffen, sollen sich angenommen fühlen und nicht bedient. Und er spricht dabei von neuen (alten) Wertvorstellungen, Gesundheit, Wohlbefinden, Körpererfahrung, Unterhaltung und Vergnügen.
Dr. H. Schaible spricht von den Veränderungen, durch die die Vereine in den vergangenen Jahrzehnten bis heute gegangen sind. Der Verein müsse, wenn er seine Ansprüche ernst nimmt, sich vom kommerziellen Angebot deutlich abgrenzen. Er dürfe nicht nur von den sozialen Möglichkeiten des Sports reden, sondern müsse sozial sein und sozial bleiben. Auch auf die Ehrenamtlichkeit in der Führung des Sports wird nicht verzichtet werden können. Das schließt eine nebenamtliche in manchen Fällen auch hauptamtliche Begleitung der Arbeit nicht aus.

DSB-Kongreß "Menschen im Sport 2000" - Abgrenzung möglich und nötig -

Zu den "Rahmenbedingungen für die zukünftige Entwicklung des Sports" lieferte der Züricher Philosoph Hermann Lübbe eine überzeugende Argumentation dafür, daß unsere Vereine auf neue Bedürfnisse eingestellt sein müssen (vergl. dazu auch DT 12/87, S. 4).
Das sinkende "verrentungsalter", die inzwischen erreichte Lebenserwartung schaffen Freiräume, die immer stärker sinnvoll, d. h. selbstbestimmend und produktiv, gestaltet werden. Turnen und Sport sind hier Be-tätigungsfelder geworden, die geradezu im Mittelpunkt des Interesses stehen.
Ummo Grupe unterstrich die "Verantwortung der Person und die Verpflichtung der Organisation". Nach seiner Auffassung gelten in Turnen und Sport bei geänderten Rahmenbedingungen nach wie vor die Grundsätze, nach denen wir angetreten sind:
neben dem Pädagogisch-Erzieherischen und dem Gesundheitsfördernden insbesondere das gesellige Miteinander und das Kreative (s. unt. 1.)
Turnen und Sport setzen damit positive Gegenwerte zum nur Leistungsorientierten, zum Professionalisierten und vor allem zur Kommerzialisierung. Die Bedeutung der Vereine wurde hier auch durch den Herrn Bundespräsidenten und den Bayer. Kultusminister als Präsident der Sportministerkonferenz besonders herausgestellt.

Eine Analyse zur Perspektivplanung

Post aus Frankfurt ist für die Vereine im Februar zu erwarten. Neben dem Jahrbuch des DTB und neuen Materialien zur Kampagne "aktiverleben", sollte besondere Aufmerksamkeit einem Fragebogen gelten, der allen Vereinssendungen beigefügt ist und dessen Beantwortung für den DTB von großer Wichtigkeit ist.
Den Auftrag zur Durchführung dieser Gesamtbefragung aller Mitgliedsvereine hat das DTB-Präsidium an ein Forscherteam des Instituts für Sportwissenschaft an der Techn. Hochschule Darmstadt vergeben. In einer Zeit des Wandels von Werten und Bedürfnissen in der Gesellschaft werden von den Turn- und Sportvereinen Anpassungsleistungen auch von außen eingefordert, denen sie sich schwerlich entziehen können, wenn sie nicht ins Abseits geraten wollen.
Der Teil A bezieht sich auf Angaben zum Gesamtverein und sollte von einem Vorstandsmitglied beantwortet werden, das gute Kenntnisse über alle Bereiche des gesamten Vereins besitzt. Der Teil B ist turnspezifisch und sollte von einer Fachkraft ausgefüllt werden, die sich im Bereich des Turnens gut auskennt.
Die Bedeutung der zu erwartenden Ergebnisse für die zukünftige Arbeit auf allen Ebenen des Deutschen Turner-Bundes sollte allen Mitgliedsvereinen eine Verpflichtung sein, den Fragebogen sorgfältig und möglichst zügig auszufüllen.

Kulturwarte des DTB tagten in Köln voim 20./21.11.87

Kulturelles als Element des Turnens - die Frage ob Kulturelles beim Turnen nur als Beiwerk oder wesentliches Element sei, wurde einhellig dahingehend beantwortet, daß die Durchdringung der turnerischen Arbeit durch kulturelle Elemente seit jeher ein wesentliches Merkmal in der Deutschen Turnerschaft und dem Deutschen Turner-Bund gewesen sei.
Was unter Kultur im Turnen zu verstehen ist, soll in einem von der Bundeskulturwartin Ilse Weber entworfenen Merkblatt demnächst mit einer genauen Definition veröffentlicht werden. Unter anderem soll das Singen in unseren Vereinen und Verbänden mehr Belebung erfahren.
Die kulturelle Arbeit soll sich mehr als bisher als wesentliches Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Gruppierungen und Interessenlagen erweisen und im Sinne der Satzung des DTB versuchen, durch musische, gemeinschaftsbindende und gesellige Aktivitäten zum Wohl des Menschen beizutrtagen.

Filmempfehlung: Auf dem Turngau-Seminar in Frankfurt unter Leitung von Bundesoberturnwart Prof. Dr. Herbert Hartmann wurde durch den Bundeskinderturnwart Paul-Gerhard Wienberg-Schaper der neue Film:
"Der Turnverein - eine Welt für Kinder" vorgestellt. Dieser Beiutrag ist ein attraktives Hilfsmittel für die Darstellung des Kinderturnens im Verein und kann den Vereinen zur Vorführung bestens empfohlen werden.

Willi Roth

Gaukulturwart