Ostwestfälischer Turngau
Donnerstag, 28.03.2024, 20:27:44
Gausportfest und Einweihung des Städtischen Sportplatzes in Bad Lippspringe

Ein Gausportfest, wie wir es am 18. und 19. Juni in Bad Lippspringe feiern durften, hat der Ostwestfälische Turngau noch nicht erlebt. Weit über 200 Turner haben sich an den Wettkämpfen beteiligt. Was diese Zahl bedeutet, ersieht man erst dann, wenn man sie den Ziffern früherer Jahre gegenüberstellt. So beteiligten sich z. B. an dem Herbsttreffen der volkstümlichen Turner unseres Gaues am 21. September 1924 auf der Stadtheide bei Paderborn insgesamt 60 Wettkämpfer. Schon aus diesen beiden Zahlen geht klar hervor, daß wir auf dem Gebiete des Volksturnens in unserem Gau marschieren.

Eingeleitet wurde das Gausportfest durch einen Zapfenstreich, an dem sich sämtliche Turner beteiligten. Der anschließende Kommers im Sternkrug, der durch Darbietungen der Frauenabteilung des Lippstädter Turnvereins von 1848 und des Männergesangvereins "Harmonie" verschönt wurde, kann als wohlgelungen bezeichnet werden. Besonders die von den Turnerinnen Wilhelmine Beckmann und Erna Müller aus Lippstadt gezeigten Frei- und Keulenübungen ernteten stürmischen Beifall und wenn der Ehrenvorsitzende des Turnvereins "Jahn" e. V. Bad Lippspringe in einer seiner Reden am Kommersabend u. a. sagte: "Daß Übungen, wie sie die Turnerinnen an diesem Abend vorführten, so dezent und so natürlich, nicht nur den Frauen zu empfehlen, sondern es ihre Pflicht sei, sie nachzuahmen," so sprach er wohl allen Anwesenden aus der Seele. Gerade in unserer heutigen Zeit, wo das Frauenturnen von vielen Seiten angefeindet wird, berühren Worte, wie die des Ehrenvorsitzenden Dr. med. Heim, wohltuend jedes Turnfreundes Herz.

2! Jubilare des Lippspringer Turnvereins, die ihm 25 Jahre hindurch die Treue gehalten, und durch ihre Mitarbeit am Aufblühen des Vereins zum Wohle der heranwachsenden Jugend geholfen haben, wurden durch Ueberreichung eines Diploms geehrt.

Im trauten Freundes und Bruderkreis verlebten alle Anwesenden einige gemütliche und erbauende Stunden.

Der Festtag begann mit Gottesdienst in beiden Kirchen. Um 7 Uhr vormittags hielt Gausportwart Otto Richter eine kurze Kampfrichtersitzung in der Schützenhalle ab. Währenddessen nahmen die Wettkämpfer auf dem Schützenplatze Aufstellung und marschierten von da zum neuen städtischen Sportplatze. Zum feierlichen Einweihungsakt hatten sich die Spitzen der Behörden, sowie eine große Anzahl Ehrengäste versammelt. Nachdem die Turner ihren Einzug gehalten hatten, hielt Bürgermeister Dr. Pint die Weiherede, in der er ungefähr folgendes ausführte: "Was lange währt, wird endlich gut, das sind Worte, die auch auf uns Anwendung finden können, denn es hat lange gedauert, einen städtischen Sportplatz zu schaffen. Mit der Anlage, die sich in Westfalen sehen lassen kann, wollen wir ein Fundament für die Zukunft schaffen und damit die hohe Aufgabe der Förderung der Jugendbewegung erfüllen.
Die Jugend soll hier das finden, was sie sucht, Kraft, Anregung und Sammlung". In diesem Sinne übergab der Bürgermeister Dr. Pint den Platz seiner Bestimmung und knüpfte daran die Hoffnung, daß alle Erwartungen in Erfüllung gehen mögen.

Nun begannen die Wettkämpfe.

Mittags um 2 Uhr nahmen sämtliche Vereine Aufstellung im Kurpark des Arminiusbades. Um 2 1/2 Uhr erfolgte der Abmarsch zum Marktplatz. Hierselbst hielt Bürgermeister Dr. Pint die Begrüßungsansprache, in der er seine Freude darüber zum Ausdruck brachte, daß der Ostwestfälische Gau gerade Bad Lippspringe zum Austragen seiner Wettkämpfe gewählt habe. Redner begrüßte die Turner im Namen der Stadtverwaltung und der ganzen Bürgerschaft mit einem herzlichen Willkommen und bat, der Stadt Bad Lippspringe ein gutes Andenken zu bewahren. Der Bürgermeister schloß mit einem hoch auf die Deutsche Turnerschaft, auf unser deutsches Volk und Vaterland. Alle Teilnehmer sangen dann das Deutschlandlied. Als die letzten Akkorde verhallt waren, bestieg unser Gauvertreter, Turnbruder Meyer zu Köcker, die Stufen des Kriegerdenkmals und dankte für die freundlichen Begrüßungsworte, für die gastliche Aufnahme und für die Unterstützung, welche die edle deutsche Turnsache gerade in Bad Lippspringe genieße. In seinen Ausführungen kam der Redner auch auf die neue Sportplatzanlage zu sprechen, die er als eine neue Heilquelle bezeichnete, die uns Kraft, Licht und Leben gibt. Leibesübungen unterstützen, heiße Krankheiten vorbeugen, und vorbeugen sei besser als heilen. Mit einem dreifachen "Gut Heil" gab der Redner seinem Dank für die Gastfreundschaft Ausdruck.

Alsdann setzte sich der Festzug durch die gut ausgeschmückten Hauptstraßen der Stadt zum Festplatz in Marsch. Dort angekommen setzten die Wettkämpfer zunächst die Ausscheidungskämpfe, an die sich Sondervorführungen anschlossen, fort. Um 6 Uhr erfolgte die Siegerverkündung und Kranzverteilung.

Infolge der Ungunst der Witterung und der nicht ganz einwandfreien Platzverhältnisse wurden keine besonderen Resultate erzielt. Es ist eine bekannte Tatsache, daß kaltes regnerisches Wetter und unfeste Bahnen die Leistungen der Wettkämpfer herabdrücken. Die Punktzahl wurde in Anbetracht dessen beim Dreikampf auf 30 herabgesetzt. Trotzdem kann die Veranstaltung als zufriedenstellend bezeichnet werden und und die Wettkämpfer können mit den erzielten Erfolgen wohl zufrieden sein. Allen Teilnehmern und Mitarbeitern an dieser Stelle für ihre Mühewaltung ein kräftiges

"Gut Heil!"

Konrad Hagemeister

entnommen aus "Blätter für den Ostwestfälischen Turngau" No. 130, Juli 1927